Als Laura und Philipp Luy beschlossen, ihrer Familie ein Haus zu bauen, hatten sie zwei Leitbilder vor Augen: "Wir mochten unsere Berliner Altbauwohnung, die hohen Räume, den flexiblen Grundriss mit gleich großen Zimmern. Und wir schätzen französische Landhä, ihren klassischen Aufbau, die einfache Struktur und die vielen Nutzungsmöglichkeiten", erzählt Philipp Luy. 5cp4c
Den Wünschen des Architektenpaars und ihrer zwei Kinder standen nur zwei gewichtige Probleme im Weg. Zum einen fehlte ein attraktives Grundstück im Berliner Umland, und zum anderen war das Budget sehr überschaubar. Wo andere rasch aufgegeben hätten, nahmen die Planer beherzt die Herausforderung an.
Dank strategischer Grundstückssuche und mit Glück fanden sie schließlich ein bezahlbares Areal im Berliner Südosten, in Sichtweite eines klaren Badesees, umgeben von altem Baumbestand und nur eine halbe Stunde mit dem Regionalzug vom Zentrum der Hauptstadt entfernt. Schon diese Beschreibung klingt nach Kurt Tucholskys ironischem Vorstadt-Idyll, das er im Gedicht "Das Ideal" unsterblich machte: "Ja, das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn, aber abends zum Kino hast du’s nicht weit, das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit."
Mag auch die brandenburgische Wirklichkeit mit der Poesie nicht ganz deckungsgleich sein, sind die Bauherren ihren Idealen hier doch sehr nahe gekommen. Das zweigeschossige Haus steht mit großer Selbstverständlichkeit leicht erhaben zwischen hohen Bäumen. Mit flach geneigtem Ziegeldach und dem hellen Kratzputz der Fassade fügt es sich in die Umgebung ein. Seine Architektursprache ist einfach, klar und geometrisch streng. Die gleich großen Fensteröffnungen an der südlichen Giebelseite wiederholen sich symmetrisch an der Westseite und geben den Rhythmus vor.
Der Entwurf beruht auf einem Raster, das die Grundfläche in sechs Quadrate von 3,85 mal 3,85 Meter aufteilt. "Bis zur Banalität einfach" sei das Konzept, erklärt Philipp Luy, als wir uns vom Entree nach links zur Bibliothek abkoppeln, und auch geschossweise könnte der Bau später unkompliziert in zwei unabhängige Einheiten aufgeteilt werden.
Mit einer Raumhöhe von gut drei Metern wirkt das Innere trotz begrenzter Grundfläche weit. Generell empfiehlt Laura Luy Bauherren: "Sparen Sie nicht an der Geschosshöhe! Hohe Räume wirken großzügig." Auch einheitliche Oberflächen unterstützen diese Wirkung, vor allem die durchgehenden, hell geseiften Douglasiendielen und die unbehandelten Sichtbetondecken. Licht ist ein weiterer entscheidender Faktor, der Räume weit erscheinen lässt.
Damit die großformatigen Fenster das Budget hier nicht über Gebühr strapazierten, entschieden sich die Planer teilweise für Festverglasungen, die erheblich günstiger sind als öffenbare Flügelfenster. Dafür leisteten sie sich hochwertige Armaturen und Türdrücker. "Die haben wir täglich im Gebrauch und profitieren unmittelbar davon", erzählt Philipp Luy.
Auch auf ein aufwendiges Treppenmöbel mochten die Architekten nicht verzichten, zumal wegen des hohen Grundwasserstands ein Keller nicht möglich war. Sie planten eine Konstruktion aus Multiplexplatten, in der reichlich Garderobe und ein WC Platz fanden und über die sie nun leicht und elegant ins Obergeschoss gelangen.
Dort sind die Räume bis zum First offen, was auf kleinerer Grundfläche zu einem Mehr an Großzügigkeit führt und in den beiden Kinderzimmern zu zusätzlicher Nutzfläche auf Schlafgalerien.
Die Installationen inklusive der gut entkoppelten Wärmepumpe sind hinter Schranktüren verborgen. Das schafft Platz für ein großes Bad mit Seeblick und entlastet zudem das Erdgeschoss, in dem sich nun das Familienleben auf ganzer Fläche ausbreiten darf.
Eben solche sinnvollen und ganz persönlichen Abwägungen und Entscheidungen machen dieses äußerlich einfache Haus so besonders. Dazu braucht es kein großes Budget und auch keine üppige Nutzfläche, sondern Mut zur Individualität, Weitsicht und gestalterisches Gespür.
Haus Luy bei Berlin 425w3e
Architekten/Landschaftsarchitekten: Laura und Philipp Luy, Mittenwalderstr. 15, 10961 Berlin, Tel. 0177-385 76 00, [email protected]
Bauzeit: 2021–22
Wohnfläche: 160 m2
Grundstücksgröße: 550 m2
Bauweise: massiv, Außenwände: Ziegelmauerwerk, Tragkonstruktion innen: Mauerwerk mit Stahlbetonstürzen
Fassade: Edelkratzputz
Dach: Ziegeldach
Raumhöhe: 3,05 m, im OG bis 5,20 m
Decken/Wände: Sichtbeton, Putz, gestrichen
Fußboden: Douglasiendielen
Energiekonzept: Wärmepumpe mit geothermischer Tiefenbohrung
ZUM : 3x1r4q
Den Grundriss dieses Hauses und weiteres Planmaterial aus der HÄ-Ausgabe 03/2025 finden Sie hier als PDF-.
Möblierung: Innenausbau nach Entwürfen der Architekten; Pendelleuchte "Semi" von Bonderup & Thorup: Gubi, Sessel "Togo" von Michel Ducaroy: Ligne Roset